Fontane, zitiert
Feb. 5th, 2010 11:57 pm![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Aus einer Laune heraus habe ich vor ein paar Tagen mal Theodor Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg aus dem Regal gefischt. Und ich muss sagen: Hach. Das war Liebe auf der ersten Seite. Obwohl die Sprache nun nicht gerade die der heutigen Zeit ist und streckenweise, hm, sagen wir mal recht poetisch, ist sie trotzdem angenehm unverschwurbelt. Einfach nur wunder, wunderschön. *herzchen* Teilweise hat er eine Art, Dinge auszudrücken, die mich doch sehr zu begeistert weiß, auch wenn das in den jeweiligen Fällen vielleicht nicht immer allgemein verständlich ist. Egal. Frei nach dem Motto "wenn man kein schlechtes Buch zum verreißen rezensieren hat, nimmt man halt ein gutes", im Folgenden ein paar Dinge aus/zu dem Vorwort und dem ersten Kapitel von Die Grafschaft Ruppin.
Im Vorwort zur ersten Ausgabe erfahren wir, dass es ein Besuch des schottischen Lochleven-Castle war, oder vielmehr die Erinnerungen an einen Tag beim Rheinsberger Schloss, die bei der Reise in Schottland aufkamen, die Fontane dazu bewogen haben, durch die Mark zu wandern und darüber zu schreiben.
Er findet also, dass es daheim auch schön ist und das mal einer Erwähnung bedarf. Also wandert er, sammelt, und schreibt.
Wer in der Mark reisen will, der muß zunächst Liebe zu »Land und Leuten« mitbringen, mindestens keine Voreingenommenheit.
[...]
Der Reisende in der Mark muß sich ferner mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet fühlen. Es gibt gröbliche Augen, die gleich einen Gletscher oder Meeressturm verlangen, um befriedigt zu sein. Diese mögen zu Hause bleiben.
[...]
Drittens. Wenn du reisen willst, mußt du die Geschichte dieses Landes kennen und lieben. Dies ist ganz unerläßlich.
[...]
Viertens. Du mußt nicht allzusehr durch den Komfort der »großen Touren« verwöhnt und verweichlicht sein. [...] eine Lagerstätte, die alle Mängel und Schrecknisse, deren Bett und Linnen überhaupt fähig sind, in sich vereinigt.*
[...]
Fünftens und letztens. Wenn du das Wagstück wagen willst – »füll deinen Beutel mit Geld«. Reisen in der Mark ist alles andre eher als billig.
Es gleicht in seinen Vorzügen und Schwächen allen andern Arbeiten des rasch-fertigen, hyperproduktiven Bernhard Rode*[...]
*[...]Die Komposition auch dieses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prätension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operieren mit traditionellen Mittelchen und Arrangements. [...] am Boden ein Löwe, der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Husaren-Tigerdecke drinsteckt wie ein Kater in einem Damenmuff;
Irgendwie drängt sich mir da automatisch die Frage auf, was wohl unser Katertier dazu sagen würde, wenn man es in einen Muff stecken würde. *kicher* Äh, ja, weiter im Text. Bernhard Rode ist nicht der Einzige, für den Fontane wenig Bewunderung übrig hat; auch über den Sohn des "alten Zieten", den letzten Zieten von Wustrau, weiß er nicht viel Gutes zu sagen. Zunächst beschreibt er dessen Grabmal, sowie den etwas aufwändigen Bau desselben, noch zu Lebzeiten des späteren "Bewohners", endend mit diesem Zitat:
Selbsterkenntnis und so. *g* Findet auch Fontane:
Diese Antwort ist so ziemlich das Beste, was vom letzten Wustrauer Zieten auf die Nachwelt gekommen ist. Einzelne andere Repliken und Urteile (zum Beispiel über die Schadowsche Statue sowie über Bücher und Bilder, deren Held sein Vater war) sind unbedeutend, oft ungerecht und fast immer schief. Er sah alles zu einseitig, zu sehr von einem bloß Zietenschen Standpunkt aus, um gerecht sein zu können, selbst wenn ihm ein feinerer ästhetischer Sinn die Möglichkeit dazu gewährt hätte. Dieser ästhetische Sinn fehlte ihm aber völlig.
Was er aber als nächtes zu sagen und zu kritisieren hat, macht mir den beschriebenen Herrn irgendwie sympatisch:
Der Rest des Kapitels ist kurz und beschäftigt sich im Grunde nur damit, dass der letzte Zieten nur mehr ein Verwalter des Ruhmes seines Hauses war, und diesem selbst nichts hinzuzufügen hatte. Erwähnenswert finde ich dabei nur diesen Satz:
Er war nicht adlig, aber gelegentlich aristokratisch. Hat was, irgendwie. *g*
Im nächsten Kapitel geht es dann nach Karwe. Bin mal gespannt, was er darüber alles an Informationen ausgegraben hat.
Und bevor jemand fragt: Nein, ich habe die Zitate nicht alle abgetippt. Projekt Gutenberg ist unser Freund. ;-)
Im Vorwort zur ersten Ausgabe erfahren wir, dass es ein Besuch des schottischen Lochleven-Castle war, oder vielmehr die Erinnerungen an einen Tag beim Rheinsberger Schloss, die bei der Reise in Schottland aufkamen, die Fontane dazu bewogen haben, durch die Mark zu wandern und darüber zu schreiben.
Nun griffen die Ruder rasch ein, die Insel wurd ein Streifen, endlich schwand sie ganz, und nur als ein Gebilde der Einbildungskraft stand eine Zeitlang noch der Rundturm vor uns auf dem Wasser, bis plötzlich unsre Phantasie weiter in ihre Erinnerungen zurückgriff und ältere Bilder vor die Bilder dieser Stunde schob. Es waren Erinnerungen aus der Heimat, ein unvergessener Tag.
Auch eine Wasserfläche war es; aber nicht Weidengestrüpp faßte das Ufer ein, sondern ein Park und ein Laubholzwald nahmen den See in ihren Arm. Im Flachboot stießen wir ab, und sooft wir das Schilf am Ufer streiften, klang es, wie wenn eine Hand über knisternde Seide fährt. Zwei Schwestern saßen mir gegenüber. Die ältere streckte ihre Hand in das kühle, klare Wasser des Sees, und außer dem dumpfen Schlag des Ruders vernahm ich nichts als jenes leise Geräusch, womit die Wellchen zwischen den Fingern der weißen Hand hindurchplätscherten.
Er findet also, dass es daheim auch schön ist und das mal einer Erwähnung bedarf. Also wandert er, sammelt, und schreibt.
Es ist ein Buntes, Mannigfaches, das ich zusammengestellt habe: landschaftliches und Historisches, Sitten- und Charakterschilderung – und verschieden wie die Dinge, so verschieden ist auch die Behandlung, die sie gefunden. Aber wie abweichend in Form und Inhalt die einzelnen Kapitel voneinander sein mögen, darin sind sie sich gleich, daß sie aus Liebe und Anhänglichkeit an die Heimat geboren wurden.
Im Vorwort zur zweiten Auflage gibt es dann weniger Erklärendes im Sinne von "wie kam's?", sondern mehr praktische Hinweise für den geneigten Nachahmer.
Ob du reisen sollst, so fragst du, reisen in der Mark? Die Antwort auf diese Frage ist nicht eben leicht. Und doch würd es gerade mir nicht anstehn, sie zu umgehen oder wohl gar ein »nein« zu sagen. So denn also »ja«. Aber »ja« unter Vorbedingungen.
Er zählt also diese Vorbedingungen auf, reklärt sie teils auch recht ausführlich, wobei ich mich mal auf die bloße Nennung beschränke.
Wer in der Mark reisen will, der muß zunächst Liebe zu »Land und Leuten« mitbringen, mindestens keine Voreingenommenheit.
[...]
Der Reisende in der Mark muß sich ferner mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet fühlen. Es gibt gröbliche Augen, die gleich einen Gletscher oder Meeressturm verlangen, um befriedigt zu sein. Diese mögen zu Hause bleiben.
[...]
Drittens. Wenn du reisen willst, mußt du die Geschichte dieses Landes kennen und lieben. Dies ist ganz unerläßlich.
[...]
Viertens. Du mußt nicht allzusehr durch den Komfort der »großen Touren« verwöhnt und verweichlicht sein. [...] eine Lagerstätte, die alle Mängel und Schrecknisse, deren Bett und Linnen überhaupt fähig sind, in sich vereinigt.*
[...]
Fünftens und letztens. Wenn du das Wagstück wagen willst – »füll deinen Beutel mit Geld«. Reisen in der Mark ist alles andre eher als billig.
(*Ja, ich wollte mich kurz fassen, aber dieser Satzteil ist einer von denen, die ich einfach nur herrlich finde *g*.)
Das klingt ja soweit alles nicht gerade unvernünftig. Begeben wir uns also auf Herrn Fontanes Spuren mit dem ersten Kapitel an den Ruppiner See, genauer nach Wustrau, eines von vier hübschen Dörfern an der Südseite des Sees. Neben ein paar Beschreibungen der Landschaft und des Dorfes, beschäftigt sich diese Kapitel hautsächlich mit dem berühmtesten Bewohner des Ortes, dem alten Zieten. Da darf natürlich eine kurze Familiengeschichte nicht fehlen, genauso wenig wie eine nicht so kurze Beschreibung des Zieten'schen Wohnsitzes, der allerhand Kunstgegenstände – hauptsächlich Gemälde – zu bieten hat. Ein weiteres Gemälde des alten Zieten befindet sich in der Dorfkirche, und bei dessen Beschreibung fällt auf, dass der werte Herr Fontane, ich will mal nicht "lästern" sagen, aber doch zum Ausdruck bringen kann, wenn er von etwas (oder jemandem) nicht allzu viel hält.
Das klingt ja soweit alles nicht gerade unvernünftig. Begeben wir uns also auf Herrn Fontanes Spuren mit dem ersten Kapitel an den Ruppiner See, genauer nach Wustrau, eines von vier hübschen Dörfern an der Südseite des Sees. Neben ein paar Beschreibungen der Landschaft und des Dorfes, beschäftigt sich diese Kapitel hautsächlich mit dem berühmtesten Bewohner des Ortes, dem alten Zieten. Da darf natürlich eine kurze Familiengeschichte nicht fehlen, genauso wenig wie eine nicht so kurze Beschreibung des Zieten'schen Wohnsitzes, der allerhand Kunstgegenstände – hauptsächlich Gemälde – zu bieten hat. Ein weiteres Gemälde des alten Zieten befindet sich in der Dorfkirche, und bei dessen Beschreibung fällt auf, dass der werte Herr Fontane, ich will mal nicht "lästern" sagen, aber doch zum Ausdruck bringen kann, wenn er von etwas (oder jemandem) nicht allzu viel hält.
Es gleicht in seinen Vorzügen und Schwächen allen andern Arbeiten des rasch-fertigen, hyperproduktiven Bernhard Rode*[...]
*[...]Die Komposition auch dieses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prätension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operieren mit traditionellen Mittelchen und Arrangements. [...] am Boden ein Löwe, der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Husaren-Tigerdecke drinsteckt wie ein Kater in einem Damenmuff;
Irgendwie drängt sich mir da automatisch die Frage auf, was wohl unser Katertier dazu sagen würde, wenn man es in einen Muff stecken würde. *kicher* Äh, ja, weiter im Text. Bernhard Rode ist nicht der Einzige, für den Fontane wenig Bewunderung übrig hat; auch über den Sohn des "alten Zieten", den letzten Zieten von Wustrau, weiß er nicht viel Gutes zu sagen. Zunächst beschreibt er dessen Grabmal, sowie den etwas aufwändigen Bau desselben, noch zu Lebzeiten des späteren "Bewohners", endend mit diesem Zitat:
Als Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1844 den schon oben erwähnten Besuch in Wustrau machte, führte ihn der Graf auch an die Linde, um ihm daselbst das eben fertig gewordene Grab zu zeigen. Der König wies auf eine Stelle des Riesenfeldsteins und sagte: »Zieten, der Stein hat einen Fehler!«, worauf der alte Herr erwiderte: »Der drunter liegen wird, hat noch mehr.«
Selbsterkenntnis und so. *g* Findet auch Fontane:
Diese Antwort ist so ziemlich das Beste, was vom letzten Wustrauer Zieten auf die Nachwelt gekommen ist. Einzelne andere Repliken und Urteile (zum Beispiel über die Schadowsche Statue sowie über Bücher und Bilder, deren Held sein Vater war) sind unbedeutend, oft ungerecht und fast immer schief. Er sah alles zu einseitig, zu sehr von einem bloß Zietenschen Standpunkt aus, um gerecht sein zu können, selbst wenn ihm ein feinerer ästhetischer Sinn die Möglichkeit dazu gewährt hätte. Dieser ästhetische Sinn fehlte ihm aber völlig.
Was er aber als nächtes zu sagen und zu kritisieren hat, macht mir den beschriebenen Herrn irgendwie sympatisch:
Selber eine Kuriosität, bracht er es über die Kuriositätenkrämerei nie hinaus. Sein Witz und Humor verstiegen sich nur bis zur Lust an der Mystifikation. Den Altertumsforschern einen Streich zu spielen war ihm ein besonderer Genuß. Er ließ von eigens engagierten Steinmetzen große Feldsteine konkav ausarbeiten, um seine Wustrauer Feldmark mit Hülfe dieser Steine zu einem heidnischen Begräbnisplatz avancieren zu lassen.
Der Rest des Kapitels ist kurz und beschäftigt sich im Grunde nur damit, dass der letzte Zieten nur mehr ein Verwalter des Ruhmes seines Hauses war, und diesem selbst nichts hinzuzufügen hatte. Erwähnenswert finde ich dabei nur diesen Satz:
Er war nicht adlig, aber gelegentlich aristokratisch.
Im nächsten Kapitel geht es dann nach Karwe. Bin mal gespannt, was er darüber alles an Informationen ausgegraben hat.
Und bevor jemand fragt: Nein, ich habe die Zitate nicht alle abgetippt. Projekt Gutenberg ist unser Freund. ;-)